Der gemeine Ohrwurm

Forficula auricularia
Ohrwurm

Gemeiner Ohrwurm, so heißt er wirklich. Bei Tier- und Pflanzennamen bedeutet gemein nicht "fies", sondern "gewöhnlich" oder "verbreitet". In meinem Garten sind Ohrwürmer "gemein". Sie verstecken sich unter Blumenuntersetzern, sind in den Wurmgängen in Äpfeln, in Rissen und Spalten der Baumrinde, unter Steinen - fast überall, wo ein kleines nachtaktives Tier tagsüber unterkriechen kann, finde ich welche.

Manchmal scheuche ich ganze Großfamilien auf.

Brutpflege ist eine der Besonderheiten bei den Ohrwürmern. Das Weibchen legt im zeitigen Frühjahr rund 50 Eier in ein Versteck, z.B in eine kleine Erdhöhle. Es bewacht und verteidigt sein Gelege und später füttert es die Jungen sogar. Junge Ohrwürmer sehen übrigens den Erwachsenen sehr ähnlich, sie sind heller gefärbt und natürlich kleiner. Nach dem ersten Larvenstadium verlässt das Weibchen seine Jungen, die im Frühsommer ausgewachsen sind.

Wofür haben sie die Zange?

Mit der beeindruckenden Zange am Hinterleib können sie uns nicht zwicken, auch wenn der Name Ohrenkneifer das vermuten lässt. Mit der Zange - die wissenschaftliche Bezeichnung dafür ist Cercus - können sie ihre Flügel auspacken, die sehr kompliziert zusammengefaltet sind. Ein Blitzstart ist mit ihren Flügeln nicht möglich, auch die flugfähigen Ohrwurm-Arten fliegen nur sehr selten. Außerdem können sie die Zange zu Verteidigung einsetzen.

Männchen haben eine größere und stärker gebogene Zange als Weibchen. Sie verwenden sie bei Kämpfen untereinander. "Wer hat die größte" scheint Weibchen nicht zu interessieren, jedenfalls werden die Männchen mit einer größeren Zange als andere Männchen nicht von ihnen bevorzugt.

 

 

Nützling oder Schädling?

Diese Frage ist für einen Allesfresser wie den Ohrwurm nicht so leicht zu beantworten. Sie fressen Blattläuse und andere kleine Insekten, deren Eier, auch die Gelege von Wildbienen, knabbern auch mal an weichen Früchten oder Blüten. Intakte, festschalige Früchte wie Äpfel beschädigen sie nicht. Wenn der Bestand sehr hoch bist, können sie im Weinbau lästig werden, da sie sich gerne in den Trauben verstecken und mit ihrem Kot Graufäulepilze übertragen. Die Schale der Trauben ist für sie zu dick, sie fressen nur an den Beeren, wenn sie schon von Wespen beschädigt wurden.

Wenn man sie im Gang eines Apfelwicklers antrifft, benutzen sie den wahrscheinlich vor allem als Versteck, nagen aber auch etwas an der Frucht. Die Larve haben sie wahrscheinlich nicht mehr angetroffen, die hat den Apfel bereits verlassen. Apfelwickler legen ihre Eier auf die Apfelschale und auf Blätter. Wenn ein Ohrwurm die Eier findet, sind sie ein willkomener Snack für ihn.  Ob sie Larven und Puppen fressen, dazu habe ich widersprüchliche Informationen gefunden.

Sicher ist, daß Apfelbäume wesentlich weniger von Blutläusen (Wolläusen) und Apfelblattläusen geplagt werden, wenn sie von Ohrwürmern bewohnt werden. Pro Nacht kann ein Ohrwurm bis zu 100 Läusen vertilgen. Bei jungen Apfelbäumen mit glatter Rinde kann es daher sinnvoll sein, den Ohrwürmern ein Versteck im Baum anzubieten, z.B. einen mit Holzwolle gefüllten Blumentopf. Alte Bäume mit rissiger Rinde bieten genug Unterschlüpfe, da ist das nicht nötig.

 

 

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