Corvus cornix

Nebelkrähen

Nebelkrähe im Kirschbaum

Nebelkrähen haben ein PR-Problem. Ja, sie sind Nesträuber. Aber das sind Eichhörnchen und Buntspechte auch, ebenso Marder und viele andere - aber nur Krähen und Elstern werden von Tierfreunden dafür verantwortlich gemacht, daß Singvögel seltener werden.  Die krächzende Stimme, das dunkle Gefieder, der kräftige Schnabel - sie sind die Idealbesetzung für die Schurkenrolle im Garten.

 

Vielseitig und anpassungsfähig

Was fressen sie?

Nebelkrähe mit Brotrest im Schnabel

Als intelligente Allesfresser haben sie viele Nahrungsquellen. Wie alle anderen Vögel in unserem Garten sitzen die Nebelkrähen jedes Jahr in der großen frühen Süßkirsche und fressen Kirschen. Die anderen Vögel, Meisen, Stare, Amseln usw. flüchten übrigens nicht vor den Krähen aus dem Kirschbaum, sie halten nur etwas Abstand. An anderem Obst habe ich sie bisher nicht beobachtet.

Während der Brutzeit weichen sie oft Brot im Vogelbecken ein, das sie wahrscheinlich auf den Schulhöfen in der Nachbarschaft finden.  Außerdem patrouillieren sie über die Wiese und picken Insekten, Regenwürmer und Schnecken auf.

Im Herbst verbringen sie viel Zeit damit, Walnüsse für den Winter zu verstecken. Sie haben offensichtlich ein ausgezeichnetes Gedächtnis für ihre Verstecke. Ich war jedenfalls sehr beeindruckt, als eine Krähe einige Meter neben einem Apfelbaum im Schnee landete, ein paar Schritte machte, kurz im Schnee stocherte und dann eine Nuß im Schnabel hatte. Die Stauden, die im Herbst noch eine Landmarke gewesen sein könnten, waren durch den Schnee plattgedrückt. Vielleicht hatte sie sich den Abstand zum Baum gemerkt.

Daß sie Nester von anderen Vogelarten plündern, ist ja allgemein bekannt. Ich habe mal beobachtet, wie eine Krähe ein Elsternnest ausgeräumt hat. Die Elstern versuchten, ihr Nest zu verteidigen, hatten aber keine Chance. Möglicherweise war es ein unerfahrenes Paar, das ein zu schwaches Dach über das Nest gebaut hatte.

Nicht so bekannt ist, daß Krähen auch Fische fangen. Sie holen im Flug Fische aus dem Wasser, wahrscheinlich sowohl unvorsichtige, die zu nahe an der Wasseroberfläche schwimmen, als auch tote Fische - Nebelkrähen sind Aasfresser.

Paare und Schwärme

Krähen unter sich

Wenn es in Ihrem Garten und seiner Umgebung hohe Bäume, Rasenflächen, Sträucher und Hecken gibt, ist er wahrscheinlich Teil eines Krähenreviers. Für den Nestbau brauchen Krähen hohe Bäume, Nahrung suchen sie gerne auf kurzgeschorenen Wiesen. Im dichten Wald oder in Gegenden mit großen Feldern und kaum Bäumen brüten sie nicht.

Das Revier, das bis zu 40 ha groß sein kann, wird von dem Brutpaar gegen alle eindringenden Krähen verteidigt. Da gute Reviere knapp sind, sind sie entsprechend umkämpft. Es kommt auch immer wieder vor, daß revierlose Krähen, die Nichtbrüter, die Eier auffressen oder die Nestlinge töten. Das ist zwar grausam, aber so reguliert sich der Bestand quasi selbst, ohne Eingriff des Menschen.

Gebrütet wird einmal im Jahr. Zwischen Männchen und Weibchen gibt es dabei eine "klassische" Arbeitsteilung. Das Weibchen brütet und bleibt auch in der ersten Zeit nach dem Schlüpfen im Nest, da die nackten Jungvögel gewärmt werden müssen. Das Männchen muß Futter herbeischaffen, erst nur für sein Weibchen, dann auch noch für den immer hungrigen Nachwuchs. Wie andere Singvögel brauchen junge Krähen Insekten als Nahrung, vorzugsweise große Insekten wie Heuschrecken.

Ausgewachsene Jungvögel werden irgendwann von ihren Eltern aus dem Revier verjagt. Sie schließen sich mit anderen revierlosen Krähen zu größeren und kleineren Schwärmen zusammen. In diesen Schwärmen finden sie ihren Partner, mit dem sie ihr Leben verbringen und gemeinsam versuchen, ein Revier zu erobern.

Raubvögel, Marder und Menschen

Ihre Feinde

Sie fürchten den Habicht, und das zu Recht. Habichte sind groß und kräftig genug, Nebelkrähen zu erlegen und tun das auch. Die Nebelkrähen wehren sich, indem sie auf den Habicht "hassen", d.h. ihn zu mehreren unter lautem Krächzen und Rufen angreifen und vertreiben. Der Uhu ist ein anderer Vogel, der ihnen gefährlich wird.

Sehr oft räumen Marder und Waschbären die Nester von Krähen aus, rund 40% der Bruten gehen so verloren, in Wäldern auch mehr.

Nach wie vor werden Raben- und Nebelkrähen bejagt. Begründet wird das von den Jägern mit dem Schutz von Rebhühnern und anderen Bodenbrütern und Feldhasen. Die werden immer seltener, weil ihnen die intensive Landwirtschaft keinen Lebensraum mehr lässt. Der Bestand der Raben- und Nebelkrähen ändert sich durch die Jagd nicht, weil die Brutreviere sehr schnell wieder besetzt werden. Ein positiver Effekt auf die Bodenbrüter konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Landflucht

Nebelkrähen im Garten

Nebelkrähen, wie viele andere Tiere auch, leben mittlerweile lieber in Städten und Dörfern als in der freien Agrarlandschaft. Dort fehlen Insekten, um ihre Jungen zu füttern, und sie werden bejagt. Gärten mit Futterhäuschen und Parks, am besten mit Imbissbuden und anderen Stellen, wo uns Lebensmittel auf den Boden fallen, sind viel attraktiver.

Viele Vogelfreunde sorgen sich, daß kleine Vögel von den Krähen gejagt und vertrieben werden könnten. Nach allen bisherigen Beobachtungen ist diese Sorge unbegründet. Die Schwankungen im Bestand der Amseln, deren Nester relativ oft ausgeräumt werden, sind auf Krankheiten zurück zu führen. Ein Amselpaar legt ca. 10-12 Eier pro Jahr, da sind Verluste einkalkuliert. Sie können Amseln und anderen Gebüschbrütern helfen, indem Sie dichte Sträucher pflanzen, in denen sie ihre Nester verstecken können.

Erwachsene, gesunde Kleinvögel haben von Krähen wenig zu befürchten. Wenn ein Turmfalke im Garten landet oder über ihm kreist, wird es sehr still und alle kleineren Vögel verstecken sich. Von Krähen hingegen halten sie etwas Abstand, aber sie fliehen nicht panisch. Ein Beispiel: ich habe mal eine Meise beobachtet, die wenige Meter von einer Nuß fressenden Krähe auf die Krümel gewartet hat. Die Krähe hat sich nicht für sie interessiert.

Apropos Nuß - das ist aus meiner Sicht das Lästigste: all die Nüsse und Eicheln, die von Krähen, Eichelhähern, Eichhörnchen versteckt und dann vergessen werden ...

 

Copyright © Ulrike Grossmann