Aussaat
Aussäen ist eine meiner liebsten Gartenarbeiten. Ich finde es immer wieder spannend zu beobachten, wie aus einem kleinen Saatkorn eine Pflanze schlüpft. Im Frühjahr, wenn sich die Fensterbretter mit Aussaatschalen, Joghurtbechern mit Erde und kleinen Töpfen füllen, schaue ich mehrmals täglich, ob sich endlich was tut. Erfreulicherweise sind viele Gemüse bei der Aussaat unkompliziert.
Was passiert bei der Samenkeimung?
In einem Samen passiert nicht viel, der Stoffwechsel ruht weitestgehend, die Zellen teilen sich nicht. Die Samen von manchen Pflanzenarten können so Jahrzehnte überdauern und abwarten, bis die Lebensbedingungen günstig sind.
Der erste Schritt bei der Keimung ist das Quellen: sobald die Umgebung feucht ist, nimmt der Samen Wasser auf und quillt auf. Bei Hülsenfrüchten wie Erbsen und Bohnen kann man das gut beobachten, wenn man sie vorm Kochen einweicht. Dieser Prozeß ist eigentlich reversibel, aber nur bis das Wachstum des Keimlings einsetzt. Das beginnt oft innerhalb weniger Stunden. Daher sollte man darauf achten, das Saatgut trocken aufzubewahren. Nach dem Aussäen dürfen die Samen nicht mehr austrocknen. Zu naß ist auch ungünstig, damit begünstigt man Schimmel.
Pflanzen haben nach der Quellung einen Schalter, der entscheidet, ob es losgeht. Dafür haben sie ein spezielles Pigment, das Phytochrom. Dieses Phytochrom gibt es in zwei Formen, einer aktiven und einer inaktiven. Einige Pflanzen sind Lichtkeimer, die bei Dunkelheit, also wenn sie von Erde bedeckt sind, nicht keimen. Sie haben inaktives Phytochrom in den Samen. Eine Keimung ist erst möglich, wenn durch Licht das Phytochrom aktivert wird. Bei diesen Pflanzen steht auf der Saatgutpackung "Samen nur andrücken". Salat, Kresse und Basilkum gehören zu den Lichtkeimern.
Manche Pflanzenarten haben noch komplexere Ansprüche. Kaltkeimer brauchen eine Kälteperiode, nach der sie keimen. Sie sät man im Herbst aus. Bärlauch ist ein Kaltkeimer, sonst gibt es bei den Kräutern und Gemüsen kaum Kaltkeimer.
Aussaat im Freiland
Wann immer möglich, säe ich direkt in das Gemüsebeet. Ich habe damit die besten Erfahrungen gemacht, die Pflanzen sind robuster als die auf dem Fensterbrett vorgezogenen.
Die Vorgehensweise ist recht einfach. Zuerst wird das Beet vorbereitet: Unkraut jäten, Boden oberflächlich auflockern, Kompost und Hornspäne einarbeiten. Dann ziehe ich mit der Hacke oder einem Schäufelchen eine Rille, meistens 1-2 cm tief - je nachdem, wie tief die Samen im Boden liegen sollen. Die Enden der Rille im Beet markiere ich mit kurzen, in den Boden gesteckten Stöcken. Auf den Samentütchen sind immer Angaben zum Abstand der Pflanzen in der Reihe und zwischen den Reihen. Ich säe innerhalb der Reihe immer etwas dichter, weil nicht jeder Samen keimt oder die Sämlinge von Schnecken gefressen werden. Dann schiebe ich die Rille zu, gießen - fertig.
Wenn die Pflanzen gut keimen, muß man später ausdünnen. Bei Salaten kann man die überzähligen Pflanzen gut verwerten, bei anderen Gemüsen leider nicht. Mir fällt es immer schwer, eigentlich nützliche Pflanzen zu jäten, aber der Ertrag wird besser, wenn sie nicht zu dicht stehen.
Anzucht auf der Fensterbank
Frostempfindliche Gemüse wie Tomaten können erst Mitte Mai ins Freie. Wenn man sie dann erst aussät, kann man frühestens Ende August die erste Tomate ernten. Mit der Vorkultur im Zimmer verlängert man die Vegetationsperiode für Gemüse.
Zentrales Problem drinnen ist der Lichtmangel, besonders bei früher Aussaat im Februar oder gar schon im Januar. Lichtmangel führt zum Vergeilen der Pflanzen. Auf der Suche nach Licht wachsen sie lang und dünn, bilden nur kleine, hellgrüne Blätter. Wer im Januar schon aussät, benötigt eine Pflanzenleuchte. Ab März reicht ein sonniges Fenster, am besten ein Südfenster.
Bei der Aussaaterde sind die meisten Pflanzen wenig wählerisch. Eine handelsübliche Blumenerde reicht meistens, als Natruschützer sollte man eine torffreie Erde verwenden. Es gibt auch spezielle Aussaaterden. Sie sind weniger stark gedüngt und feinkörniger. Generell sollte man am Anfang mit dem Düngen vorsichtig sein, Keimlinge sind empfindlich gegen Überdüngung.
Als Gefäße habe ich außer Blumentöpfen auch schon Joghurtbecher und ähnliches verwendet, natürlich mit Abflußlöchern im Boden. Im Netz kann man auch Bastelanleitungen für Töpfe aus Zeitungspapier finden. Sie haben den Vorteil, daß man damit direkt pflanzen kann. Eine professionelle Lösung ist eine Topfplatte, vor allem wenn man mehr als 3 Tomatenpflänzchen anziehen möchte. Ein Zimmergewächshaus habe ich noch nie ausprobiert.
Häufig hat man ja mehrere Pflänzchen in einem Gefäß. Sobald die ersten richtigen Blätter erscheinen, ist es Zeit, sie zu vereinzeln. Ich versuche immer, sie möglichst vorsichtig zu trennen, aber meistens werden die Wurzeln verletzt. Zum Glück erholen sich die Pflanzen schnell von dem Stress. Vermeiden kann man das, wenn man Topfplatten verwendet und immer nur ein Saatkorn in jedes Töpfchen legt oder überzählige Pflanzen einfach jätet.
Bevor man die Pflanzen endgültig ins Gemüsebeet entlässt, sollte man sie abhärten. Bei direktem Umzug von der Fensterbank in die Sonne und den Wind können die Pflanzen geschädigt werden. Dazu stellt man die Pflanzen tagsüber nach draußen, an einen geschützten Platz. Ideal ist ein bedeckter Tag dafür, um Sonnenschäden zu vermeiden. An sonnigen Tagen sollten die Pflänzchen anfangs im Schatten stehen. Nach 2-3 Tagen sind sie dann bereit für´s Freiland.